Texte aus der Schreibwerkstatt „Suchbewegung“
Leitung: Regina Henke
suche
nicht weiter
lasse mich finden
vertraue dem Leben vollkommen
liebe
G.L.
Licht-Bewegung
Irgendetwas in mir
hat die Führung übernommen
Irgendetwas in mir
lässt mich ruhen in mir
Irgendetwas in mir
ist voll zufrieden in mir
Irgendetwas in mir
lässt mich sprachlos werden
Irgendetwas in mir
schaut hinter die Worte
Irgendetwas in mir
muss nichts mehr wissen
Irgendetwas in mir
hat mich gefunden
Irgendetwas in mir
ist voller Licht
ganz still und einfach hier
G.L.
Glücks-Garten
der Duft des Himmels
bewohnt meine Seele
bereitet sich lichtvoll in mir aus
wiegt mich in behutsamer Leichtigkeit
erweckt spielerisch in neuerfundenen Farben
die Frische des ewigen Lebens in mir
der Same von gestern
ist heute ein Baum der Gegenwart
tief verwurzelt steht er im Licht
gefüllt mit wundersamen Früchten
plötzlich bin ich wieder Kind
hüpfe, singe, lache, tanze
erwache
vollkommen absichtslos
mitten im Glück
G.L.
Mein
inneres Kind
wünscht von Herzen
einen angstfreien Raum – Sicherheit
Zuhause
Sicherheit
„so“-sein dürfen
um zu wachsen
sich entwickeln heil werden
erwachsen
Vorher
braucht es
eine umhüllende Stimme
liebende Augen zugewandtes Gesicht
Geborgenheit
Geborgenheit
geheimer Garten
spielen alleine miteinander
schaukeln gen Himmel fliegen
frei
Ingilt
Leidenschaftliches Plädoyer
für ein kleines unscheinbares Wort
und
klein blau
nie allein verbindend
das eine und andere
beides
Licht
und Schatten
klein und groß
bedeutend und ebenso bedeutungslos
alles
nicht
entweder oder
sondern immer „und“
alles ist gleichermaßen wichtig
immer
oft
wenn ich
nicht mehr weiter weiß
hab ich dich vergessen
und
nie
das eine
ohne das andere
keine Sonne ohne Schatten
gemeinsam
gemeinsam
durchs Lebensland
Hand in Hand
weiß und schwarz – bunt
gesund
Ingilt
Suche
Suchte
Urquelle,
Chaos
Hinter der Zeit und
Erbarmen
Kamran Djahangiri
Suche ll
Kern findet
Ausdruck
Mit einem Spiegel.
Rhythmische Bewegung
Atmet im
Nächsten
Kamran Djahangiri
Beobachter
Beobachte mich
Sehe die Wunde
Die verletzte Wildblume
Und das Heil
Erbarmen
Großes Erbarmen
Wogt im Raum
Ich umarme mich
Tanze wie Efeu
Und
Beobachte
Sehe Deine Wunde
Deine Wildblume
Rieche Dein Duft
Und
Umarme Dich
Tanze um Dich!
Kamran Djahangiri
Suche.
Ich bin auf der Suche
nach einer Heimat
nach einem Lebensort.
Gott schützt mich auf dieser Reise.
Gott weißt mir den Weg.
Noch klammere ich mich ans Alte und Vertraute
weil ich Angst habe vor der Unsicherheit.
Ich klammere mich an den vertrauten Ort.
Da ist es an der Zeit, Gott mehr zu vertrauen.
An dem vertrauten Ort schätze ich die vertrauten Gesichter.
Ich liebe die eingefahrenen Gleise.
Doch irgendwann werde ich aus dem vertrauten Ort herausgestoßen.
Irgendwann ist das Vertraute zu Ende.
Dann falle ich ins Bodenlose.
Und davor habe ich Angst.
Ich möchte gern darauf vertrauen, dass Gott mir den Weg weißt.
Wenn ich das Vertraute loslassen kann,
ist das für mich eine Befreiung.
Nun ist das Neue möglich.
Werde ich dann finden,
oder im Bodenlosen versinken.
Konrad Folkmann
Herberge.
Ich brauche ein Bett zum übernachten.
Ich brauche Wärme und ein Dach über dem Kopf.
Ich brauche einen Rückzugsort,
nachdem ich viel mit Menschen zu tun hatte.
Auf einer bequemen Couch schaue ich gern Fernsehen.
Ich lege mich auf eine bequeme Couch,
um den Tag zu durchdenken.
Ich bin gern unter Menschen,
aber ich brauche auch einen Rückzugsort,
an dem ich zur Ruhe komme.
Wenn ich zu lange an meinem Rückzugsort, der Herberge bin,
fühle ich mich einsam.
Die Abwechslung von Geselligkeit und Ruhe
ist gut für mein Leben.
Ich brauche ab und zu einen Rückzugsort
von der Gesellschaft.
Dann kann ich wieder gern in der Gesellschaft sein.
Konrad Folkmann
Beschützt sein
da, wo die Angst erträglich ist
alles fließt
eisiger Wind
inneres Kind
nicht mehr ausgeliefert
da, wo der Fels von den Schultern fällt
wird leicht
Angst ist gebannt,
reich mir die Hand
in die Offenheit
…komm mit mir,
einfach leben….
E.L.
Dankbar
wenn ich die Kraniche am Himmel ziehen sehe:
nicht alleine sein
auch wenn alle einstürzt
die Wogen über mir zusammenschlagen
der Himmel so fern
die Angst riesengroß
die Angst überlebensgroß
überleben
leben
endlich gerne leben!
mit den Kranichen weiterziehen
E.L.
Ich
will immer
nur finden nicht
suchen was macht soviel
Angst
Sylvia Haden
See der Ungeheuer
Vor langer, langer Zeit habe ich den See selbst ausgebuddelt. Eigentlich sollte es ein Grab sein. Mein Grab. Jedoch hielt mich ein ETWAS davon ab. Ich warf alle meine Ungeheuer in das tiefe Loch und füllte es mit Wasser. Zuerst schien alles gut zu sein. Die Oberfläche des Sees lag ruhig und blank. Der Mond spiegelte sich im nachtblauen See. Tagsüber kräuselten sich ein paar flache Wellen, sie sanft des Strand kitzelten. Ich ging oft an diesem Strand spazieren, ließ Steine über das Wasser ditschen, die Füße umspielt von kleinen Wellen. Nachts ertrank ich im See – immer wieder, umschlungen von den langen Armen der Seerosen.
Sylvia Haden
SEE
der Ungeheuer
klein und tief
manchmal wechselt die Farbe
BLUT
Sylvia Haden
ZUFLUCHT
… und sie fanden keine Herberge. Sie waren auf der Suche nach einer Herberge und wurden abgewiesen.
Mein Vater war ein Flüchtling. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Deutschstämmigen aus der Slowakei vertrieben. Erst in ein Internierungslager gesteckt, wo viele verhungerten. Das war keine Herberge, es gab kein Dach, keine Wärme. Angst und Hunger bestimmten das Dasein. Und in der neuen Heimat waren sie auch nicht willkommen. Diebe und Betrüger, Kroppzeug und Schmarotzer wurden sie genannt. Die Flucht meines Vaters endete, als er meine Mutter kennenlernte. In ihrer Familie fand er Zuflucht. Lange wollte er kein Haus bauen. Diese Zuflucht könnte ihm ja wieder genommen werden. Das habe ich viel später erst erfahren. Mein Vater ist vor drei Jahren, fast neunzigjährig, gestorben. Ich wüsste gern, was er heute über die Flüchtlinge denkt. Empathie oder Ablehnung. Angst oder Zuspruch.
Sylvia Haden
Fliehen
floh, geflohen
wann wird das
für alle Vergangenheit sein
Zuflucht
Sylvia Haden
Sie ist
Heftig hämmert
die Skulptur „Suchbewegung“
in ihr Herz,
in ihr Hirn
Versehrtheit:
sie will sich
nicht mehr erinnern,
will Schönes,
will Blumen,
will leben,
Sie ist!
Lore Kampmann
Suchbewegung
im Wirrwarr
der Suche
in Endlosschleifen
verzettelt
ein Herz
in den Sand gesetzt
vom Wasser
verschwemmt
verlaufen
in der Absicht
nichts zu finden
nichts zu erkennen
in der Risswunde
des Schmerzes
steckengeblieben
verendet
der Stein
liegt schwer
vor dem Eingang
zum Leben
Annegrete Feckler
Herberge
einen Platz
im bergenden Sessel
gefunden
mit Blick
in den Garten
Farben
und Düfte
spielen
in der Abendsonne
es blinzeln
die goldenen Fische
im Licht
hinter der Hecke
schläft wartend
der Traum
von grenzenloser Weite
Annegrete Feckler
zur Skulptur Suchbewegung
das rechte Ohr
weggeschossen
in einem Krieg
aus Worten
die Seite des Rechts
verloren
zu schmerzhaft
das Hören
kein Recht
zu sein
zu klagen
zu weinen
Ohnmacht
gegen die Meute
des Unrechts
der Macht
der Rechthaberei
einfach das Ohr
weggeschossen
das rechte
das Richtige
kein Recht
zu sein
Annegrete Feckler
Christsein
aus tiefem
Quellgrund schöpfen
Loslassen das Viele
Ostern entgegen
Carlo Büsch
Suchen
Und hoffentlich finden
Come on
Häuslich werden in mir
Enge formen in Weite
Carlo Büsch
Tanz
In weiten Linien
kreisend weißen Raum durchtanzen
Spur des Unendlichen aufnehmen
aus tiefen Atem schöpfen
Bausteine gelebten Lebens
ziehen eine Spur leisen Glücks
Alles frei setzen
Offenes weites Land
Eine Hoffnung kommt
mir entgegen
Carlo Büsch